Die Wikinger und die Heiligkeit sind keine Begriffe, die man normalerweise nebeneinander findet. Aber Norwegens König Olaf II. Haraldsson (ca. 995–1030) verkörperte beides in außerordentlichem Maße. Als kampflustiger Teenager riss er fast im Alleingang die London Bridge nieder (wie im Kinderreim) und nahm an vielen anderen Wikingerüberfällen teil. Olaf mangelte es nicht an den traditionellen Wikinger-Qualitäten Zähigkeit und Kühnheit, doch seine routinemäßige Taufe entwickelte sich zu einem brennenden missionarischen Glauben, der umso bemerkenswerter war, als er mit seiner typischen Wikinger-Entschlossenheit und Energie – und manchmal auch Rücksichtslosigkeit – kombiniert wurde. Seine vorrangige Mission bestand darin, Norwegen zu christianisieren und das Heidentum auszurotten. Seine unermüdlichen Bemühungen, oft unter großer Lebensgefahr, brachten ihm im Jahr 1015, als er kaum zwanzig war, den norwegischen Thron ein. In den nächsten fünfzehn Jahren kämpfte er trotz aller Widrigkeiten darum, die rebellischen heidnischen Adligen Norwegens zu unterwerfen und gleichzeitig die Feindseligkeit der Schweden abzuwehren. Beide verbündeten sich schließlich im Jahr 1030 gegen Olaf, als er, noch Mitte dreißig, tapfer in der Schlacht unweit von Trondheim fiel. Nachdem festgestellt wurde, dass sein Körper über heilende Kräfte verfügt und Berichte darüber von Skandinavien nach Spanien und Byzanz verbreitet wurden, wurde Olaf II. 134 Jahre später heiliggesprochen. Er bleibt Norwegens Schutzpatron und ein legendärer Krieger. Noch bemerkenswerter ist, dass er nach wie vor ein Heiliger nicht nur der protestantischen Kirche, sondern auch der römisch-katholischen und der griechisch-orthodoxen Kirche ist – vielleicht der einzige europäische Kampfheilige, der eine solche Anerkennung erlangt hat.